Wir haben ein Interview mit Dr. Fokko de Haan geführt. Er ist Leiter des historischen Archives für Kardiologie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Düsseldorf. Er erzählte uns über den Aufbau des Archivs, interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit von Kardiologen und Herzspezialisten und warum die Zukunft der Herzmedizin auch auf die Ideen der Vergangenheit angewiesen ist.

Das historische Archiv ist in die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung, die ihren Sitz in Düsseldorf hat, integriert. Erste Überlegungen zur Einrichtung eines solchen Archivs fanden 2010 statt, eingerichtet wurde es 2013 unter der Führung von Prof. Arnold und Prof. Lüderitz. Heute wird das Archiv von Dr. Fokko de Haan gemeinsam mit Prof. Jochen Schipke und Elke Vasilescu geführt. Das Archiv steht Besuchern von Montag bis Freitag 8:00 bis 16:00 Uhr offen.

Herr Dr. de Haan, was kann man im historischen Archiv der Kardiologie in Düsseldorf besichtigen?

FdH: Wir haben eine Sammlung von mehr als 2000 Büchern, Sonderdrucken etc. sowie Fotos, die die Geschichte der Herzmedizin dokumentieren. Daneben bietet das Archiv eine umfangreiche Sammlung von historischen Geräten. Insgesamt findet man etwa 350 unterschiedliche Geräte – von Messgeräten bis hin zu Ultraschallgeräten oder alten EKG-Geräten – in unserem Archiv. Auch Exemplare der ersten Herzklappenprothesen und die Entwicklung der Herzschrittmacher und Sonden sind bei uns ausgestellt.

Was für Besucher hat das historische Archiv?

FdH: Das ist ganz unterschiedlich. Wir haben kardiologisch interessierte Ärzte oder Vertreter von Medizintechnik-Unternehmen zu Besuch. Kürzlich waren aber auch angehende Kardiologie-Schwestern und -Pfleger aus der Uniklinik in Essen zu Besuch.

Warum finden Sie es wichtig, die Vergangenheit zu bewahren und historische Dokumente und Geräte zu sammeln und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen?

FdH: Es gibt keine Zukunft ohne Historie. Zukünftige Überlegungen, Techniken oder Methoden bauen auf den Erfahrungen auf, die Kardiologen in der Vergangenheit bereits sammeln konnten. Ich finde es sehr spannend zu sehen, an welchen Themen wir heute arbeiten und wie darüber vor hundert Jahren schon gedacht wurde. Schaut man sich beispielsweise die Geräte in unserem Archiv an, sieht man, dass viele ältere Messgeräte zwar sehr einfach konstruiert sind, aber trotzdem sehr erfolgreich eingesetzt wurden. Viele Geräte waren auch sehr aufwendig gefertigt. Beispielsweise wurden die ersten EKG-Geräte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, die heute voll elektronisch funktionieren, damals mit Tinte geschrieben, die man vor jedem Einsatz erst auffüllen musste. Daneben ist es auch sehr wertvoll, alte wissenschaftliche Dokumente oder Bücher zu lesen. Manchmal wurden schon Ansätze gefunden für Fragestellungen, die uns auch heute beschäftigen.

Gibt es ähnliche Einrichtungen in anderen Ländern?

FdH: Meines Wissens ist unser Archiv ziemlich einzigartig in Europa. Professor Monsuez hat für Frankreich Vergleichbares eingerichtet. Wir würden das aber gerne auch auf europäischer Ebene ausweiten, Dokumente und Geräte aus allen europäischen Ländern sammeln und mit anderen Ländern stärker kooperieren. Dazu gibt es bereits Kontakte mit dem Präsidenten der European Society of Cardiology.

Wo sehen Sie die Zukunft Ihres Archivs? Wie soll es weiter gehen?

FdH: Im Moment ist unser großes Ziel, das Archiv nicht nur international noch stärker zu vernetzen, sondern vor allem auch interdisziplinär. Die drei Fachrichtungen der Herzmedizin – Herzchirurgie, die sich aus der Allgemeinchirurgie heraus entwickelt hat, der Kardiologie, die sich aus der inneren Medizin entwickelt hat, sowie die Kinderkardiologie, die vor allem auf angeborene Herzfehler spezialisiert ist – wollen wir stärker zusammenbringen. In der alltäglichen Arbeit rücken die Fachbereiche derzeit auch immer stärker zusammen. Man spricht von sogenannten „Hybridbehandlungen“ von Herzpatienten, wo Kardiologen und Herzchirurgen gemeinsam einen Patienten betreuen. Das möchten wir auch historisch zeigen und die gemeinsamen Wurzeln herausstellen. Das Ziel wäre ein gemeinsames Archiv der Herzmedizin zu entwickeln.

 

Dr. Fokko de Haan machte seine Ausbildung zum zwischen 1978 und 1983 in Düsseldorf und eröffnete 1983 zunächst allein seine kardiologische Praxis in Solingen, die heute von vier Kardiologen gemeinsam geführt wird. Seit 2018 ist Dr. de Haan im Ruhestand und seitdem als Leiter des historischen Archivs tätig, für das er auch regelmäßig an Kongressen und Messen in der Herzmedizin teilnimmt.