Im März 2019 trat ich eine orthopädische Reha an. Als ich bei der Eingangsuntersuchung vom Oberarzt auf Brust und Rücken mit dem Stethoskop abgehört wurde, waren eindeutige „Klappengeräusche“ zu hören. Die Internistin, die hinzugezogen wurde, bestätigte das. Was denn mein Hausarzt dazu meinte, fragte sie. Ich war verdutzt. „Gar nichts“, sagte ich, „es ist mir neu, jetzt davon zu hören.“

Nach der Reha bin ich sofort zu meinem Hausarzt gegangen. Nach einem Blick in meine Patientenakte sagte er, dass er diese Geräusche bereits seit einigen Jahren wahrnimmt. Aber sowas komme ja dauernd in seiner Praxis vor, sagte er. Wenn er bei jedem Herzgeräusch zum Kardiologen überweisen würde, müsste er das mit jedem dritten Patienten tun.

Beunruhigende Diagnose beim Kardiologen

Ich habe daraufhin kurzfristig einen Termin beim Kardiologen vereinbart und hatte im Mai 2019 die Herz-Ultraschalluntersuchung. Die Diagnose, die ich dort erhalten habe, hat mich ziemlich umgehauen: Hochgradige Aortenklappenstenose, die Aortenklappe öffnete nicht mal mehr einen Zentimeter. Mir wurde eine Operation angeraten. Ich war total fertig…

Als ich mit meinem Hausarzt darüber sprach, konnte er keinen Fehler von seiner Seite sehen. Er wurde sogar noch ärgerlich, dass ich ihm Fehlverhalten vorwarf. Daraufhin habe ich um meine Unterlagen gebeten und den Arzt gewechselt.

Die Suche nach Informationen

Nun begann für mich die Suche nach Informationen. Ich stieß online auf das Patienten-Forum „Die Herzklappe“ und las eifrig. Doch erstmal stand im Juli eine Katheteruntersuchung an. Ich hatte Hoffnung auf eine Tavi-OP. Die zerschlug sich aber schnell, da dieser Eingriff nur bei viel älteren Patienten durchgeführt wird. Erst da habe ich realisiert, was mir eigentlich bevorstand: Eine OP am offenen Herzen mit dem Durchtrennen des Brustbeins.

Die Einladung zur OP folgte dann auch bald. Es sollte eine biologische Klappe eingesetzt werden. Allerdings gab es kein Vorgespräch, was mich sehr verwunderte. Ich habe den OP-Termin deshalb abgesagt. Dann habe ich mehrere Gespräche mit Ärzten geführt und im Internet und in Zeitschriften nach Informationen über die unterschiedlichen Klappenarten und OP-Methoden gesucht.

Kontakt zum Herz-Chirurgen

Eine spezielle Operationsmethode begeisterte mich: die Ozaki-Methode. Dabei werden die Segel der erkrankten Herzklappe aus körpereigenem Gewebe neu konstruiert. Dieses spezielle Verfahren ist sehr aufwändig und kompliziert und wird deshalb eher selten eingesetzt. Es kann nur bei ausgewählten Personen in Betracht gezogen werden, und noch fehlen belastbare Langzeitdaten. Doch ich war davon begeistert!

Durch das Forum „Die Herzklappe“ fand ich Kontakt zu einem Chirurgen, der diese OP-Methode anwendet. Im August hatte ich ein Beratungsgespräch bei ihm. Das überzeugte mich vollends, so dass ich für Oktober 2019 den OP-Termin vereinbart habe.

Mit diesem Ablauf ging es mir gut. Ich konnte noch in Ruhe meine beruflichen Projekte abschließen und meinen geplanten Urlaub genießen.

Die OP fand schließlich am 18. Oktober 2019 statt. Zu diesem Zeitpunkt war ich 62 Jahre alt. Ich bin selbstbestimmt, gelassen und angstfrei in die OP gegangen. Mir nahestehende Menschen fanden das bemerkenswert. Und tatsächlich verlief alles sehr gut. Schon eine Woche nach der OP konnte ich nach Hause entlassen werden, und mein Kardiologe war bei der Nachsorgeuntersuchung begeistert vom OP-Ergebnis.

Im eigenen Tempo wieder in die ganze Kraft

Natürlich war klar, dass es danach erst einmal dauern würde, bis ich wieder in meine ganze Kraft komme. Mein Kardiologe hatte mir als Zeitfenster etwa ein Jahr genannt. Das kam auch so hin.

Sehr geholfen hat mir die Reha direkt am Ostseestrand und die langen täglichen Spaziergänge. Außerdem habe ich mich nicht unter Druck gesetzt, sondern bin in meinem eigenen Tempo wieder sportlich aktiv geworden, so wie es gerade ging. Sehr froh war ich, als ich endlich wieder schwimmen konnte. Inzwischen schwimme ich jeden Tag meine 1000 Meter. Dieses Jahr im April bin ich sogar wieder einen Inliner-Halbmarathon gelaufen. Wichtig ist mir auch, Zeit mit der Familie und mit Freunden zu verbringen, in der Natur zu sein und meine Kunst zu gestalten.

Verantwortung für die eigene Gesundheit

Meine Klappenerkrankung hat mir einmal mehr gezeigt, dass ich verantwortlich für mich und meine Gesundheit bin. Kein Arzt kann mir das abnehmen. Diese Verantwortung bedeutet, bei den Ärzten nachzufragen, z.B. ob alles in Ordnung ist oder verdächtige Geräusche zu hören sind. Manchmal heißt das auch, direkt um eine Überweisung zum Facharzt zu bitten. Und es heißt, alles an Informationen einzuholen, was möglich ist. Dazu gehören auch die Erfahrungen von anderen Patienten. Daraus entsteht dann schließlich mein eigener Weg – so wie bei einem Puzzle.

Bis heute bin ich mit meiner Entscheidung sehr zufrieden. Bei allen Klappenarten gibt es Risiken zu bedenken, egal ob mechanisch oder biologisch. Letztlich habe ich mir durch die Gespräche mit den Ärzten und die Erfahrungen anderer Patienten ein eigenes Bild gemacht und zu meiner ganz eigenen Entscheidung gefunden. Ich fühle mich wohl mit dieser Entscheidung und auch, dass ich mir Zeit damit gelassen habe.